Es ging um die Wurst!

Schlachtfest bei Germania Lorsch

Wie in einem Bienenschwarm ging es zu beim traditionellen Schlachtfest des MGV Germania Lorsch, ein stetes Kommen und Gehen. Als 10 Uhr Germanias Sängerheim seine Pforten geöffnet hatte, trafen bereits die ersten Gäste ein. Manche holten sich im Verkaufsraum ihre vorbestellten, frisch zubereiteten Wurstwaren ab, andere wiederum, ausgestattet mit Töpfen und Kunststoffgefäßen, ihre warme Mittagsmahlzeit. Viele aber waren auf der Suche nach einem freien Platz im Saal des Sängerheims, um die Schlachtprodukte vor Ort zu genießen. War man ‚gut abgefüllt‘, wie es eine Besucherin formulierte, räumte man seinen Platz, studierte eventuell die Porträts der derzeit aktiven Sänger und begab sich bei schönstem Sonnenschein in die frühe winterliche Kälte hinaus. Doch einige genossen auch den längeren Aufenthalt in der guten Stube der Germania. Runde um Runde verging die Zeit in angenehmer Gesellschaft. Derartiges Zusammentreffen bekommt zunehmend Seltenheitswert in unserem Alltagsleben, stellten die Sänger ihre Besucher fest.

  Unter den frühen Gästen war auch Lorschs Bürgermeister Christian Schönung. Ganz privat sei er hier, denn er liebe frisch Geschlachtetes und deshalb wollte er die Gelegenheit des Schlachtfests nicht versäumen. „Wo gibt es heutzutage noch eine ‚Schlachtplatte‘ auf der Speisekarte?“ Germania sei, so Schönung, der einzige Lorscher Verein, der diese Tradition des Schlachtfestes hochhalte.

Tatsächlich wirken derartige Veranstaltungen wie aus der Zeit gefallen, auch weil allgemein das vegetarische oder vegane Essen propagiert wird. Doch allein die Vorbestellung von 900 Bratwürsten und der Andrang im Sängerheim spricht eine andere Sprache: Der Fleischkonsum ist nach wie vor beliebt. Dies belegt auch die Statistik. In den letzten fünf Jahren lag er bei ca. 53 kg pro Kopf und Jahr. Interessanter Weise ist Deutschland damit kein Land mit hohem Verzehr, im Gegenteil, es rangiert an drittletzter Stelle in der EU. Die kräftigsten Fleischesser (über 80 kg pro Kopf /Jahr) finden sich in Irland, Zypern, Portugal und Spanien.

Gegen Mittag lief das Schlachtfest auf seinen Höhepunkt zu. Die meisten Bestellungen waren inzwischen abgeholt, die Stühle nahezu komplett belegt. Felix Drayss, Schriftführer der Germania, stellte fest: „Die Gäste schauen alle irgendwie glücklich aus. Und die noch gestressten Helfer? Sie werden es am Ende bestimmt auch sein.“ Doch zu dieser Zeit musste alles noch wie am Schnürchen laufen. Um den Andrang zu bewältigen, braucht es gute Helfer. Allein sechs der Germania Sänger bildeten die Küchenbrigade. Neben Jürgen Hoffmann als Annonceur teilte man sich die Zuständigkeiten zwischen Sauerkraut, Wellfleisch, Nieren, Blut- und Leberwurst und Bratwurst auf. Als besonderes Extra gab es auf Wunsch einen der von Marion Leidner selbst hergestellten 69 Brez’nknödeln. In Kombination mit Sauerkraut war dies zugleich eine vegetarische Variante auf dem Speiseplan. Für den Getränkeausschank sorgten drei Sänger und in der Bedienung eilte weiteres fleißiges Trio in Profimanier von Tisch zu Tisch. Wenn alles verspeist und getrunken war, dann sorgten ein Quartett für den Abwasch von Porzellan und Gläser

Zugegeben, ein gastronomischer Betrieb könnte sich eine derartige Personalausstattung wirtschaftlich nicht leisten, aber hier zeigt sich einmal mehr die Möglichkeiten, die das Ehrenamt bietet. Der unentgeltliche Einsatz aller dient der Förderung ihres Gesangvereins. Die Gäste sowie die Kunden trugen mit ihrem Einkauf und Verzehr ebenso dazu bei. Denn letztlich genügen die zwar hoch willkommenen Mitgliedsbeiträge nicht, den Jahresetat des Vereins zu bestreiten. So stehen derzeit Sonderausgaben für ein neues Piano an; das bewährte Altinstrument hat sich eine Tastenblockade zugezogen.

Als nach 14 Uhr sich nur noch wenige Gäste aufhielten, alle Töpfe bis auf zwei Blut- und ein Leberwürstchen geleert, nur noch drei Bratwürste im Grill auf den Verzehr warteten und annähernd 40 Kilo Sauerkraut verspeist worden waren, da verschaffte sich der Vereinsvorsitzende Klemens Diehl-Blust eine kleine Verschnaufpause und stellte fest: ‚Dies war ein großartiges Fest‘. Obwohl er während der gesamten Veranstaltung unentwegt Gläser spülte, machte er dies am hohen Tempo der Essenbestellungen fest. „Wohl mehr als 200 Gerichte werden es gewesen sein.“ Da zeigte sich etwas in seinem Gesicht, was Felix Drayss angekündigt hatte: Ein Glücksmoment ‚irgendwie‘.

Auch glücklich: Uwe Schmitt