Altes Protokollheft wieder aufgetaucht!

Überraschend und unerwartet war der Inhalt eines gepolsterte Umschlags, der bei Stadtverwaltung Lorsch einging: ein verloren geglaubtes Protokollheft des MGV Germania Lorsch 1898. Eine Heidelbergerin hatte das Heft in einem Nachlass entdeckt und wollte es nun wieder am Ursprungsort wissen. ‚Dies ist ein kleiner Sensationsfund. Nun sind die Vereinsdokumente wieder komplett‘, so Klemens Diehl-Blust, 1. Vorsitzender der Germania.


In dem kleinen Büchlein wurden ab 1928 die Protokolle der Vorstandssitzungen und Generalversammlungen des Vereins erfasst, alle handschriftlich eingetragen. Auf der letzten Seite ein Eintrag mit Bezug auf den 29.12.1946. Somit dokumentiert der Inhalt ein Vereinsleben, dass unter den schwierigsten Bedingungen der jüngeren Geschichte – Weltwirtschaftskrise, NS-Zeit – stattfand. Doch davon ist meist wenig ist zu spüren. Es wurden Vereinbarungen über Familien- und Theaterabende, Maskenbälle und Ausflüge getroffen, auch Sängerauftritte legte man fest, beispielsweise bei der Meisterschaftsfeier der Handballer des Turnvereins (1933) und beim Brieftaubenverein (1937). Ein kleiner Skandal mag es gewesen sein, als bei der Generalversammlung am 19. Jan. 1930 der damalige Dirigent Lehrer Nau unter Protest die Sitzung verlies. Man war seinem Wunsch nach Gehaltserhöhung nicht nachgekommen. Indes blieb er für weitere 3 Jahre in seiner Funktion.

Schmunzeln bereiten die Eintragungen zur Wahl des Vorstands am 5.2.1928, bei der die Beteiligung der Vereinsmitglieder zu wünschen übrig ließ. Alle Einzelkandidaten für Vorstandsfunktionen bekundeten vor der Abstimmung den Wunsch, nicht gewählt werden zu wollen. Gleichwohl, sie erhielten die Mehrheit und traten ohne Ausnahme ihr Amt an, absichtsvoll ‚mit Tat und Kraft‘, wie es im Protokoll heißt.

Die Zeichen der Zeit, sie tauchen aber doch an zwei Stellen im Protokollheft fast unvermittelt auf. Der Verein musste sich im September 1933 mit der sogenannten ‚Gleichschaltung‘ auseinandersetzen. Die beiden Lorscher Chöre MGV Liederkranz und  MGV Germania Lorsch sollten zusammengefasst werden. Sitzung folgte auf Sitzung. Doch als ‚Liederkranz‘ einem Vorschlag der Zuordnung zentraler Funktion nicht zustimmte –  Liederkranz sollte den Dirigenten, Germania den Leiter der Chorgemeinschaft stellen – verschwand das Thema ‚Zusammenschluss der Sängervereine‘ für immer von der Agenda. So erfreuen sich beide Vereine nach wie vor großer Beliebtheit.

Es sind aber die nicht vorhandenen Einträge im Protokollheft, die nachdenklich stimmen. Vom 14.2.1939 bis zum 5.8.1945 gab es keinen Männergesang und kein dazugehöriges Vereinsleben in Lorsch, nichts wird dokumentiert.

Unmittelbar nach Kriegsende zeigte sich ein optimistischer Blick nach vorne. Unter dem Vorsitz von Walter Walter hatte sich an jenem 5.8. ‚eine ganz schöne Anzahl an Sängern eingefunden‘. Der Wiederaufbau begann.