Unsere Historie

‚Sind wir von der Arbeit müde, ist noch Kraft zu einem Liede‘

Ein kleiner Abriß über unsere Geschichte

In Lorsch war wohl der erste Männergesang hinter den Mauern des Klosters zu hören, gilt doch der erste Abt und Bischof von Metz Chrodegang (715-766) als Förderer der liturgischen Gesänge im Stil der sogenannten Gregorianik. 

Viele Jahrhunderte später: am 21. August 1898 versammeln sich acht Herren im ‚Goldenen Stern‘, sechs davon sind namentlich bekannt: Adam Massoth, Adam Schiffel, Johann Bohrer, Ludwig Fischer, Valentin Vetter, Jakob Albert. Man beschloss einen neuen Männergesangverein zu gründen, der zweite im Ort, und sammelte für die Startfinanzierung 1 Mark und 5 Pfennige. Fast fünfzig Jahre zuvor hatte sich der ‚MGV Liederkranz Lorsch‘ zusammengefunden. Doch hier schienen nur Männer mit Frack und ‚Ansehen‘ Mitglied werden zu können, und der Dirigent, ein Oberlehrer, griff schon mal zur Rute, um gesangliche Ordnung herzustellen.

Davon wollte man sich absetzen, normale Bürger, Handwerker und Kaufleute, sie wollten sich in der Germania – so wurde der Verein genannt –  vierstimmig Gehör verschaffen. Zum ersten Vorsitzender wurde Jakob Albert gewählt. Als erster Dirigent wurde der Bäckermeister Wilhelm Ludwig berufen, der mit seiner Geige den Ton vorgab. Wenige Tage nach Gründung, am 1. Sept. 1898, war der Chor bereits auf 45 Mitglieder angewachsen und schon 1899 konnte die MGV Germania die erste Abendunterhaltung mit 14 Liedern gestalten. Von nun an hatte Lorsch also zwei Männerchöre, die den musikalischen Rahmen bei offiziellen und inoffiziellen Anlässen boten.

1900 Fahnenweihe

Im Jahr 1900 folgte der große Festakt zur Fahnenweihe des Vereins. Mit 890 Mark in der Kasse konnte man es sich nämlich leisten, die ‚Germania‘  mit einer eigenen Fahne zu schmücken. Diese wurde mit einer Weihe im großen Stil vom jüngsten Männergesangverein Lorschs gefeiert. Die Festlichkeiten zogen sich über 3 Tage hin.

Am Samstagabend 16. Juni 1900, 21 Uhr startete alles mit einem Zapfenstreich. Der Festsonntag begann um 5 Uhr mit dem ‚Reveille‘, dem Weckruf. Nach dem Empfang auswärtiger Vereine wurde ab 15 Uhr in einem großen Festzug die neue Fahne der Germania hochgehalten. Abends um halb 9 dann der Festball im ‚Goldenen Stern‘ – heute Paulusheim – Eintritt 1 Mark, eine Dame frei, jede weitere 50 Pfg.. Passive Mitglieder hatten sogar mit einer Dame freien Zutritt. Am Montag schließlich der Nachhall: 9 Uhr Frühschoppen, 14 Uhr Abmarsch in den Lorscher Wald, dort ein Konzert mit Volksbelustigung.

Rührend war die Festrede des Lehrers Menke, die mit den Worten begann: ‚Der Gesang ist es, der in seiner Einfachheit und Reinheit unser Herz und Gemüt zum Himmlischen erhebt und dadurch eine reiche Quelle der reinsten Freuden wird, nicht bloß für den Einzelnen sondern auch für die ganze Gesellschaft‘. Schließlich mahnte er das Volkslied wieder zu pflegen und auch die Stimme im guten Zustand zu halten.

Danach kam die Festjungfrau Fräulein Metz zu Wort: ‚ Was ist diese Fahne auch anderes als euer Stolz, eure Königin, die euch durch ihr Rauschen zu hellem frischem Liederklang begeistert, denn wo sich Lust und Liebe tauschen, da blüht das Lied und der Gesang!‘ Und dann wurde sie enthüllt, die Fahne, mit den Worten: ‘Sind wir von der Arbeit müde, ist noch Kraft zu einem Liede‘.

Seit der Gründung haben 14 Vorsitzende den Verein geleitet und 13 Dirigenten haben den Takt vorgegeben. Ungezählt sind die Preise, die seit der ersten Teilnahme 1924 an einem Wertungssingen, in all den Jahrzehnten erzielt wurden. Besonders erfolgreich war die Germania ab 1958 unter dem Domkapellmeister Gregor Lehr mit u.a. 17 erste Klassepreise und 19 Dirigentenpreisen.

Die wohl schwierigste Zeit durchlebte die Germania im 2. Weltkrieg. Nur wenige Sänger waren in Lorsch verblieben. Am Ende des Kriegs kehrten 12 der Sänger nicht mehr nach Hause zurück.

Kann Männergesang Wunden heilen? Erstaunlich, dass bereits im Juni 1949 mit 69 Sängern die Feier des 50jährigen Jubiläums der Germania stattfand, gekoppelt an eine einwöchige Gewerbeschau. Auch wenn seit den 70-ziger Jahren der Männergesang etwas an allgemeiner Wertschätzung verloren hat, die Germania konnte diesen Trend stets ausgleichen. Für den Verein war eben auch Geselligkeit und Gemeinschaftssinn ein hohes Gut. So verwundert nicht , dass bei den Jubiläumsveranstaltungen 1973 und 1998 68 aktive Sänger bzw. 60 Sänger auf der Bühne standen.

Etwas Besonderes ist es schon für einen Männergesangsverein, gab doch eine Frau lange Zeit den richtigen Ton an. Im Jahr 1984 begann das Dirigat von Hedwig Appold-Kohl und sollte 20 Jahre währen, ehe sie den Dirigentenstab an den nächsten musikalischen Leiter übergab. In ihre Zeit fiel auch die Eröffnung des Sängerheims ‚Am Forstbann‘ 1988, seit dem Ort nicht nur der Übungsstunden sondern auch vieler Veranstaltungen und Feiern.

1998 erfolgte eine besondere Ehrung: Germania erhielt die ‚Zelter-Plakette‘ für Verdienste zur Pflege der Chormusik. (Carl Friedrich Zelter, Direktor der Berliner-Singakademie, gründete 1809 den ersten vierstimmigen Männerchor.)

Hilfreich für die bis heute erfolgreiche Entwicklung der Germania mag auch die Gründung zusätzlicher begleitender Chorformationen gewesen sein, so z.B. die Jungsänger 1973 und ganz besonders 1959 die Fidelios. Dieser Chor fühlte sich der Fastnacht sehr verbunden und glänzte bei seinem Fernsehauftritt im Blauen Bock. Erst 1994 kam es zur Auflösung. Schließlich, 2010, wurde erneut für eine neuen Chor innerhalb der Germania mit den Worten geworben: ‚Peter Maffay, Elvis und andere Ohrwürmer warten auf Deine Stimme‘, das Ergebnis: ‚TaktFest‘!, ambitioniert und abwechslungsreich.

Heute gehört die Germania zu einem von vier Lorscher Vereinen, die im 19. Jh. gegründet wurden und immer noch Bestand haben (überdauert haben außerdem: Gewerbeverein, Liederkranz, Feuerwehr). 125 Jahre nach Vereinsgründung kann sich die Germania mit bis zu 40 aktiven Sängern weiterhin hören lassen! Sie stellt dies beim Weihnachtssingen am Heiligen Abend und bei zahlreichen Veranstaltungen im Laufe des Jahres unter Beweis.

Mit den Germania-Chören Rollators und TaktFest wurde zusätzlich das Gesangsspektrum erweitert. So fühlen sich die Rollators der gesanglichen Begleitung von Veranstaltungen im sozialen Bereich verpflichtet. Bedauerlicherweise musste das Wirken dieses Chores während der Corona-Pandemie 2021 eingestellt werden. TaktFest hingegen strebt Männergesang auf hohem wettbewerbsfähigem Niveau an, Prämierungen auf Chorwettbewerben belegen dies. Und für den Gemeinschaftssinn sorgen die Veranstaltungen wie ‚Hoffest‘, ‚Hofcafe‘ und ‚Schlachtfest‘, immer veranstaltet und organisiert von den Germania-Mitgliedern, Damen und Herren, denen das Leben im Verein wichtig und der Gesang ein freudiger Begleiter ist